Der Fischer und sin Frau 1992

So kamen der „Fischer und sin Fru“ im Sommer 1992 in das Amphitheater


Am Anfang stand eine Radltour, der Stephan und ich, nach Rosenheim, vielleicht auch Prien über Bernau, Schleching, Kössen, Erpfendorf. An der Tiroler Ache entlang, schweißtreibend bergauf, ich und der Stephan. Im Rucksack als Wochenendlektüre das Märchenbuch vom Fischer und seiner Frau.

In Erpfendorf sind damals in einem alten Bauernhaus zwei fesche Damen gesessen. Die haben uns reingelassen, in ihr Haus. Eine hieß Sabine, die andere auch. Gutes Essen und viel zum Saufen. In der Küche ging’s hoch her … und ist dann sehr spät geworden. Nach dem Aufstehen am nächsten Mittag sind dann wir zwei Männer, also der Stephan und ich, aufgebrochen zur Steinplatte. Die von der Nacht noch müden Knochen trugen uns langsam, sehr langsam in Richtung Fellhorn.

Im Rucksack: was zu Trinken (auch Bier), und das Märchenbuch. Der Stephan und ich waren damals „Wildblütenringer“; der neue Verein „Blütenring“ war uns zu blöd, wir wollten überhaupt keinen Verein. Aber wir wollten wieder Theater spielen, ich und der Stephan. Aber nix mit Text lernen, am besten ein Märchen, das alle kennen..

Unterwegs haben wir uns ab und zu ins Gras gelegt, in den blauen Himmel geguckt und bei einem Schluck aus der Flasche im „Fischer und seiner Frau“ geblättert. Wir haben gesponnen, phantasiert, geplant, gestritten und jeder hatte eigene Vorstellungen und Regieeinfälle: wer spielt was, wer ist der Butt, wer die unzufriedene Frau Ilsebill, die nie genug kriegen kann, wer der gutmütige Fischer, wie machen wir das Meer, den Regen, den Wind, das Geschrei der Möwen, das Jaulen der Robben? Und unbedingt Musik zu jedem neuen Größenwahn von der Alten.

Und so spintisierten wir vor uns hin, ohne zu merken, dass sich der Himmel zugezogen hatte. Dicke, fette, schwarze Gewitterwolken umhüllten den Gipfel des Fellhorns.
Dann Blitz und Donner, weit und breit kein Baum, keine Mulde oder Höhle zum Verstecken und Unterstellen! Ich begann in Panik Richtung Straubinger Haus zu rennen. Stephan hatte nur Spott und Gelächter übrig und meinte, die Rolle der Frau sei mir wie auf den Leib geschrieben. Ich: “Stell Dir vor, uns erschlägt ein Blitz und dann findet die Bergwacht hier zwei tote, erwachsene Männer mit dem Märchen vom Fischer und seiner Frau, die erklären uns posthum für verrückt.“

Durch Gewittersturm und Regen erreichten wir im Dunkeln die Berghütte. Wir waren nass bis auf die Knochen, der Stephan und ich. Wir fanden Platz im Matratzenlager und träumten nachts vom Fischer und seiner Frau, die sich in den Tiroler Alpen gefunden und beschlossen hatten, im September das gleichnamige Märchen aufzuführen, den Butt könnte Bruno Bushart spielen; hat er dann auch gemacht.

Das war ein verrücktes Spektakel im Amphitheater, es hatte auch Spätfolgen: Eine der beiden Sabinen wurde schließlich Stephans Frau. Und wenn sie nicht gestorben sind……

Jochen, im Februar 2017.

 

 

Fotos:
© Bernhard Schilling / © Privat